Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) seit dem 11.05.2019 in Kraft!

Ein Gesetz mit Haken und Ösen auch für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen!

 

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV No) hat mit Datum 20.05.2019 einen Brief an alle Ärzt*innen, Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen mit der Aufforderung versendet, bis zum 30. Juni 2019 freie Termine an die TSS (Terminservicestelle der KV) für das 3. Quartal 2019 und folgende zu melden.

 

Auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen werden darin aufgefordert, je einen Termin pro Monat für die Psychotherapeutische Sprechstunde, die Akutbehandlung sowie eine kurzfristig notwendige Sitzung Probatorik zu melden und zwar unabhängig vom Umfang des Versorgungsauftrages (also kein Unterschied zwischen z.B. einer halben und ganzen Zulassung!).

 

Dieser Brief der KV Nordrhein wurde leider nicht mit der Fachgruppe der Psychotherapeut*innen (ÄP/PP/KJP) besprochen oder gar abgestimmt.

 

Die KVen sind natürlich grundsätzlich verpflichtet, gesetzliche Regelungen - so zweifelhaft sie den Niedergelassenen auch erscheinen mögen -, umzusetzen. Die KV braucht auch Möglichkeiten, um die vom Gesetzgeber für die KVen verpflichtenden TSS- Vorgaben zu realisieren. Dennoch sind wir der Auffassung, dass diese Form der Umsetzung durch die KV Nordrhein über das Ziel hinausschießt, sowohl was den ausgeübten Druck und den Zwang angeht, wie auch die Nicht-Unterscheidung zwischen hälftigem und vollem Versorgungsauftrag.

 

Hintergrund ( siehe auch https://www.kbv.de/html/tsvg.php ): Der Gesetzgeber hat im TSVG sehr viele Regelungen beschlossen, mit denen er glaubt, die Versorgung für Patienten durch Möglichkeiten der schnelleren Terminvergabe sowie deren Ausweitung zu verbessern. Für PP/KJP sind folgende Regelungen von Bedeutung:

 

1. Die Erhöhung der wöchentlichen Mindeststundenzahl auf 25 für einen vollen Versorgungsauftrag (jeweils anteilig für Teilversorgungsaufträge).

 

2. Die Verkürzung der Vermittlung einer psychotherapeutischen Akutbehandlung von bisher vier auf zwei Wochen durch die TSS (die dafür natürlich gemeldete Termine benötigt).

 

3. Die Verpflichtung auch der ÄP/PP/KJP freie Termine der TSS zu melden, aus der bisher freiwilligen Meldung freier Kapazitäten wurde jetzt also ein gesetzliches Muß!

 

Während die anderen Arztgruppen für neue Regelungen des TSVG wenigstens mehr Geld bekommen, beschränkt sich dieses "Mehr" bei KJP einmalig auf die halbe Grundpauschale, also schlappe 15,47 €. Der damit im Zusammenhang stehende höhere organisatorische Verwaltungsaufwand steht hierzu in keinem Verhältnis.

 

Auch steht aufgrund bisheriger Erfahrungen bei der Vermittlung durch die TSS zu befürchten, dass die Termintreue der so vermittelten Patienten und Patientinnen unzuverlässiger sein könnte und so Kapazitäten gebunden werden, d.h. kooperierende Praxen und Patienten, die sich direkt an uns wenden, müssen länger warten, im schlimmsten Fall abgewiesen bzw. an die TSS verwiesen werden.

 

Aus unserer Sicht ein Irrsinn!

 

Das Problem von fehlenden Kapazitäten in verschiedenen Regionen lässt sich, besonders im sensiblen Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, so nicht lösen. Auch ist es speziell für Kinder und Jugendliche wenig zumutbar, eine Therapie weit außerhalb des eigenen Einzugsbereiches durchführen zu müssen (Wegstrecke, Erreichbarkeit der Praxis).

 

Alle Berufs- und Fachverbände sowie die Psychotherapeutenkammer NRW haben immer wieder vernünftige Regelungen zur Bedarfsplanung angemahnt und auch Vorschläge erarbeitet, wie die psychotherapeutische Versorgung auch bei Kindern und Jugendlichen verbessert werden kann.

 

Wie jetzt mit dieser Situation umgehen?

 

Unsere Rechtsauffassung, die von einigen Fachanwälten so geteilt wird, ist die, dass der neu eingefügte § 75 Abs. 1a Satz 20 SGB V TSVG alle PP/KJP/ÄP nur dazu verpflichtet, die TSS der KV zu informieren, falls im Rahmen der jeweiligen aktuellen Kapazitäten noch Termine frei sind! Es ergibt sich aus § 75 m.E. nach kein Zwang zur zusätzlichen Erhöhung der eigenen Kapazitäten.

 

Im Klartext: Wer seine Stunden alle belegt hat, hat keine Verpflichtung nach § 75 Abs. 1a Satz 20 SGB V TSVG welche zu melden, kann dies natürlich freiwillig tun. Voraussetzung ist immer, dass der gesetzliche Versorgungsauftrag erfüllt wird: also mindestens 25 Wochenstunden bei einem vollen und 12,5 Wochenstunden bei einem hälftigen sog. Kassensitz erreicht werden.

 

Wichtig zu wissen: Über Termine, die bis 5 Tage vorher nicht durch die TSS belegt wurden, kann wieder frei verfügt werden.

 

Problematisch erscheint bei dieser neuen Organisationsform der Terminvergabe, dass bewährte Wege der Kooperationen mit Kolleg*innen, Praxisnetzen und Ärzt*innen so auf Dauer zerstört werden, was die Versorgung im Bereich der Kinder und Jugendlichen eher verschlechtern dürfte.

 

Auch ist völlig offen, ob im Bereich KJP eine so hohe Nachfrage nach diesen speziellen Versorgungsangeboten vorhanden ist? In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die Inanspruchnahme von kurzfristiger Akutbehandlung und Probatorik durch unsere Fachgruppe selber gesteuert werden kann und wird. Eine Vermittlung wird nur dann ausgelöst, wenn auf dem PTV 11 das Kreuz bei "zeitnah erforderlich" gemacht wird. Wir bitten sehr darum, dies fachlich sorgfältig zu prüfen.

 

Das Bündnis KJP hat sich schon mit ersten Gesprächen beim Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein dafür eingesetzt, dass zeitnah eine Nachbesserung dieser problematischen Gesetzesauslegung und eine praxisgerechte Umsetzung erfolgen können. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung informieren.

 

Darüber hinaus möchten wir Sie auffordern, selber bei der KV - in sachlichem Ton - vorstellig (e-Mail, Fax, Telefonat) zu werden und aus Ihrer fachlichen Sicht auf die Schwierigkeiten der Umsetzung in Ihrer Praxis hinzuweisen!

 

 

Wir bleiben dran und lassen nicht locker!

 

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HIER unsere Positionierung als Datei.
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