Appell für eine fachlich ausgewogene und versorgungssichernde Ausbildung zukünftiger Psychotherapeut*innen
Die bevorstehende Reform der Psychotherapie-Ausbildung sieht die Zusammenlegung der bisherigen beiden Heilberufe des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und des Psychologischen Psychotherapeuten vor.
Dabei wird geplant, die zukünftige Approbation nach einem ‚Psychotherapie-Studium‘ (Bachelor mit darauffolgendem Master) zu erlangen. Diese Approbation soll altersunabhängig sein, also alle Altersspannen umfassen, jedoch noch nicht die Fachkunde beinhalten. Diese soll erst nach einer Weiterbildung in einem Vertiefungsverfahren und mit Schwerpunkt Erwachsenenbehandlung bzw. Kinder- und Jugendlichenbehandlung erworben werden können.
Insbesondere aus Sicht der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie ergeben sich daraus substantielle Forderungen bezüglich der zukünftigen Ausbildung:
1. Das neu zu konzipierende Studium muss sich an den relevanten theoretischen Grundlagen beider Heilberufe orientieren und kann dementsprechend nicht einem Psychologie-Studium (auch nicht im Bachelor) gleichgesetzt werden.
Entsprechend eines biopsycho-sozialen Verständnisses von Psychotherapie müssen in maßgeblichen Umfang auch Inhalte aus der Pädagogik, den Erziehungswissenschaften, den Sozialwissenschaften und der Medizin gelehrt werden. Vor allem die pädagogischen Studiengänge, die bislang in besonderem Umfang und sehr erfolgreich die Vorqualifikation der Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen leisten, vermitteln fundierte Kenntnisse über milieu- und kulturspezifisches kindliches/jugendliches Aufwachsen, über die Dynamiken in Familien, Schule und Jugendhilfe sowie Rechtsgrundlagen (auch im Hinblick auf Kinderschutz und Kindeswohlgefährdung) und die Einflüsse sozialer oder wirtschaftlicher Benachteiligung, die für eine psychotherapeutisch-kommunikative Kompetenz im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sowie ihres familiären Umfelds zwingend erforderlich sind.
2. Die Approbation befähigt zu eigenverantwortlicher Ausübung der Psychotherapie, weshalb auch entsprechende berufspraktische Anteile in ausreichendem Umfang in das Studium integriert werden müssen. Es ist dabei sicher zu stellen, dass alle Absolvent*innen hinreichend Praxisanteile in allen Altersgruppen durchführen, nur dann ist eine altersumfassende Approbation als Psychotherapeut*in gerechtfertigt; dies dient zudem der Patient*innensicherheit.
3. Da die Vertiefung in einem psychotherapeutischen Verfahren erst nach der Approbation im Rahmen der Weiterbildung erfolgt, ist sicherzustellen, dass in dem Studium alle wissenschaftlichen Verfahren gelehrt werden und hinreichend Gelegenheit geboten wird, in diesen Verfahren praktische Erfahrungen zu sammeln.
4. Eine Verortung des Studiums nur an den Universitäten und ihnen gleichgestellten Hochschulen ist als nicht gerechtfertigt abzulehnen.
Auch an den bisher an der Qualifizierung der Psychotherapeut*innen (KJP) beteiligten Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die in besonderer Weise die notwendige Verknüpfung von Forschung, Lehre und Praxis gewährleisten können, sollte die Implementierung des neuen Studiums ermöglicht werden, ggf. im Rahmen von Kooperationen oder in neu aufzubauenden Studiengängen. Entsprechende Mittel sind den Hochschulen hierfür bereitzustellen, sowohl für den Lehrapparat als auch für andere notwendige Infrastrukturmaßnahmen.
Ausführliche Begründungen und weitere inhaltliche Ausführungen sind in den einzelnen Stellungnahmen der Fachgesellschaften und Verbände zu finden.
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