Honorargerechtigkeit

Am 29.03.2017 tagte der Bewertungsausschuss, um die Honorierung der neuen Leistungen "Psychotherapeutische Sprechstunde" und "Akutversorgung" festzulegen. Diese Leistungen wurden bekanntlich vom Gesetzgeber gewollt, um die psychotherapeutische Versorgung insgesamt zu verbessern.

Die Honorierung ist eine herbe Enttäuschung. Nicht nur, dass die Festlegung lediglich 2 Tage vor Inkrafttreten der neuen Richtlinie getroffen wurde, sondern auch deren Ausgestaltung. Die neuen Leistungen werden beide nur mit je 812 Punkten (umgerechnet ca. 85,50 €) für die 50 Minuteneinheit bewertet (für die 25 Minuteneinheit 406 Punkte), was unterhalb der genehmigungspflichtigen Leistungen liegt. Die Bewertung wurde ausdrücklich gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung getroffen, die in diesem Fall eindeutig auf Seiten der Psychotherapeuten stand.

 

Auch wenn die neuen Leistungen dem Strukturzuschlag zugerechnet werden, wird damit in keinster Weise dem mit dieser Leistungserbringung verbundenen höheren Praxisaufwand entsprochen. Alle anderen Leistungen wurden nicht neu bewertet. Ebenso völlig unbefriedigend ist die Tatsache, dass sowohl die probatorischen Leistungen, als auch die Gesprächspsychotherapie-Leistung sowohl bei ihrer derzeit viel zu niedrigen Bewertung verbleiben und auch weiterhin nicht dem Strukturzuschlag zugerechnet werden. Ebenfalls hat der Bewertungsausschuss in keinster Weise auf das jüngste Sozialgerichtsurteil aus Marburg reagiert, die den Strukturzuschlag in seiner derzeitigen Form als rechtswidrig einstuft. Er verstoße nicht nur gegen die Vorgaben des Bundessozialgerichtes, sondern auch gegen EBM Regeln.

 

Es bleibt dabei, dass wir weiter Widerspruch gegen den Honorarbescheid einlegen müssen. Die Verbände haben bereits in ersten Pressemitteilungen Ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. Diese habe ich hier eingefügt.

 

Ein verheerendes Ergebnis für die psychotherapeutische Versorgung!

 

 

Heutiger Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses - Gemeinsame Pressemitteilung bvvp, DPtV, VAKJP

 

Berlin, 29.3.2017.

Gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat der Erweiterte Bewertungsausschuss heute einen versorgungsfeindlichen Beschluss gefasst. „Mit diesem Beschluss wird die gesamte Reform der Psychotherapie-Richtlinie ausgehebelt, die ab 1.4. 2017 umgesetzt werden soll“, erklären die drei Psychotherapeuten-Verbände. Damit würden die Reformbemühungen des Gesetzgebers, psychisch kranken Patienten einen zeitnahen Zugang zur Psychotherapie zu ermöglichen, nicht gefördert, sondern erschwert.

 

Der Beschluss sieht vor, die neuen Leistungen „Psychotherapeutische Sprechstunde“ und „Psychotherapeutische Akutbehandlung“ schlechter zu vergüten als die bisherigen psychotherapeutischen Leistungen. Mit diesem Sparprogramm der Krankenkassen sei die aufwändige Umstellung der Organisation der psychotherapeutischen Praxen nicht zu finanzieren, äußern die Verbände. „Es fehlt damit jede Anreizwirkung für die notwendige Veränderung“, kritisieren in einer ersten Stellungnahme die Psychotherapeutenverbände Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) und die Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP).

 

Die Beschlussfassung hätte auch genutzt werden können, die letzte Woche vom Marburger Sozialgericht* als rechtswidrig erkannte Systematik der Strukturzuschläge so zu verändern, dass alle Psychotherapeuten die vom Bundessozialgericht (BSG) für erforderlich gehaltenen normativen Personalkosten erwirtschaften können. So wurde eine Chance vertan, endlich eine Systematik der Psychotherapeutenvergütung zu beschließen, die den ewigen Kreislauf von Rechtsstreitigkeiten und Nachvergütungen beendet.

 

„Die jahrelange Arbeit der gemeinsamen Selbstverwaltung von KBV und GKV-Spitzenverband zur Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) braucht als Schlussstein eine dazu passende Vergütung“, betonen die Verbände. Die Vertreterinnen und Vertreter der Verbände äußerten einhellig: „Wir fordern das Bundesministerium für Gesundheit auf, den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zu beanstanden und auf einer rechtssicheren Lösung zu bestehen und damit der Reform der Psychotherapie-Richtlinie eine Chance zu geben.“

 

* Sozialgericht Marburg, Urteile vom 22.03.2017 - Az.: S 11 KA 8/15, S 11 KA 26/15 und S 11 KA 27/15.